Version 1.0
Im Oktober 2019 wurden Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Dietmar Tamandl und ich von der Vienna School of Radiology (VISOR) eingeladen, die Leitung des wissenschaftlichen Komitees des Wiener Radiologisches Symposiums 2020 zu übernehmen. Obwohl uns als Bereichsleitern des allgemein diagnostischen sowie des kardiovaskulären CT der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Medizinischen Universität Wien das Thema „CT-Update – Was Sie 2020 über CT wissen wollen“ gut lag, waren wir doch recht aufgeregt, war die Leitung eines wissenschaftlichen Kongress-Komitees für uns beide Neuland.
Aber dank der tatkräftigen Unterstützung der VISOR-Leitung – Univ. Prof. Dr. Christian Herold, Univ. Prof. Dr. Thomas Helbich und Univ. Prof. Dr. Christian Loewe – verliefen die ersten Planungssitzungen des wissenschaftlichen Komitees sehr konstruktiv und wir waren zuversichtlich im Frühjahr 2020 ein fertiges Programm inkl. Vortragenden zusammen zu haben. Als besondere Neuerung zu den vorherigen Jahren wurde beschlossen, jede Session mit einem „Pearls and Pitfalls“-Beitrag zu schließen.
Doch dann kam alles ganz anders: Das im Dezember 2019 in Wuhan erstmal identifizierte SARS-CoV-2 hatte allen Eindämmungsbemühen zum Trotz im Frühjahr 2020 eine weltweite Pandemie ausgelöst und der ECR 2020 wurde kurzerhand in den Sommer verschoben, weil man der Überzeugung war, dass man dann den Kongress wie gewohnt in Wien stattfinden lassen könnte. So dachten auch wir damals, dass bis in den Herbst 2020 die Pandemie überstanden wäre und ein Kongress im November 2020 nicht davon betroffen wäre.
Bei den Planungssitzungen zu diesem Zeitpunkt gab es auch rege Diskussion, ob wir eine eigene Session oder zumindest eine Keynote-Lecture zum Thema Covid-19 abhalten sollten, aber die Meinungen dazu gingen weit auseinander. Einige waren der Meinung, dass bis dahin Covid-19 Schnee von gestern wäre, andere plädierten dafür, dass man im Herbst das Wort „Covid-19“ nicht mehr hören wolle.
Version 2.0
Im Sommer 2020 war jedoch kein Ende der Pandemie in Sicht. Als der ECR 2020 im Juli dann doch als Online-Meeting stattfinden musste, wurde uns allen klar, dass auch im November ein Kongress vermutlich nicht in gewohnter Form stattfinden könnte. Zu dem Zeitpunkt gab es erste Überlegungen der VISOR, den Kongress als Hybrid Meeting abzuhalten, also nur einen Teil der Teilnehmer vor Ort zuzulassen und die restlichen Teilnehmer über eine Online-Live-Übertragung anzubinden.
Um diesen Plan zu realisieren musste der Großteil der sonst üblichen Bestellungen und Aufträge vom VISOR Office überdacht und geändert werden. So musste entsprechend zusätzliche Technik für eine Online-Übertragung organisiert werden, und an sonst so banale Dinge wie das Catering warfen jede Menge logistische Fragen auf.
Aufgrund der gegen Ende des Sommers veröffentlichten Verordnungen der Bundesregierung war dann klar, dass eine Abhaltung des Kongresses vor Ort weitere Anpassungen notwendig machen würde. Das VISOR Office musste zur Umsetzung der Verordnung neue Themen in die Planung aufnehmen, es galt Social Distancing zu gewährleisten sowie Masken und Desinfektionsmittel zu organisieren. Die VISOR-Leitung konnte in kürzester Zeit sogar ein ausgeklügeltes Covid-Schnelltest-Konzept auf die Beine stellen, bei dem alle Teilnehmer bei Ankunft in den Wiener Börsesälen getestet würden, um einen sicheren Kongressbesuch zur ermöglichen. Das Wiener Radiologische Symposium wäre eine der ersten Veranstaltungen gewesen, wo solche Schnelltests zum Einsatz gekommen wären.
Version 3.0
Mitte November war die Zahl der Neuinfektionen mit Covid-19 erneut stark angestiegen, sodass die Bundesregierung ihre Maßnahmen erneut verschärfen musste und Veranstaltungen erneut generell untersagt wurden.
Nun musste der Kongress ein drittes Mal geplant werden, und zwar als reines Online-Meeting, und das Ganze auch noch in knapp einer Woche. Alles, was für die Abhaltung in den Wiener Börsesälen organisiert worden war, musste abgesagt werden.
Da ein großer Teil der Sprecher von der Medizinischen Universität Wien stammte, wurde von der VISOR beschlossen, die Bibliothek der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin als primären Ausstrahlungsort zu verwenden. Für die übrigen nationalen wie internationalen Sprecher, die aufgrund der aktuellen Situation nicht anreisen konnten bzw. durften, wurde beschlossen, diese nach vorangegangenen Tests von ihrer jeweiligen Heim-Institution live dazu zuschalten.
Die Bibliothek wurde also kurzerhand in ein Studio für eine Online-Übertragung umgerüstet. Über den bereits vorhandenen Großbildschirm wurde ein spezielles Videokamera-System installiert, der EagleEye Director II, der mittels ausgeklügelten Gesichtserkennungsalgorithmen automatisch die aktiven Sprecher im Raum erkennt und heranzoomt (Abbildung 1). So konnte anstelle eines statischen Bildes des ganzen Raumes eine dynamische und lebendige Bildübertragung realisiert werden, bei der immer der aktive Sprecher im Fokus lag. Weiters wurde ein Konferenz-Tischmikrofon eingerichtet, damit alle Sprecher im Raum gut zu hören waren. Die Vortragenden vor Ort wurden gebeten, ihre Vorträge in die rezent geschaffene Cloud der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin (https://cloud.radnuk.meduniwien.ac.at) hochzuladen, die Vorträge wurden dann nach Zuordnung zu den einzelnen Sessions automatisch von der Cloud auf den Präsentationsrechner der Bibliothek übertragen.
Von der Medizinischen Universität Wien wurden noch 3 Roll-Ups als Hintergrund für die Bildübertragung zur Verfügung gestellt (Abbildung 2). Als Übertragungsmedium kam Goto Webinar zum Einsatz, den Support dafür übernahm im Hintergrund das VISOR Office, das für die 3 Tage des Kongresses durchgehend von daheim aktiv war und den korrekten Ablauf überwachte (Abbildung 3). Zur schnellen und direkten Kommunikation mit den Organisatoren vor Ort wurde eine eigene Whatsapp Gruppe eingerichtet.
Da auf dem Großbildschirm während einer Präsentation nur diese im Vollbild zu sehen war, und der Vortragende somit das Gefühl hatte, ins digitale Nirwana zu reden, wurde ein zweiter kleinerer Bildschirm zusätzlich installiert, der das GotoWebinar Interface samt den Teilnehmern zeigte. Die Vorsitzenden der Sitzungen waren jeweils mit eigenem Laptop im GotoWebinar eingeloggt, um die Fragen des Auditoriums, die schriftlich über den Chat hereinkamen, während der Diskussion an den Vortragenden weiterzugeben (Abbildung 4). Dabei gab es auch gelegentliche Rückkopplungen zwischen manchen Laptops und dem Tischmikrofon, da bei manchen Laptops zwar die Lautsprecher leicht stumm gestellt werden können, nicht aber das eingebaute Mikrofon.
Aber auch diese kleineren technischen Probleme konnten rasch gelöst werden und das Programm konnte ohne ungeplante Unterbrechungen erfolgreich an allen drei Tagen via Live-Streaming übertragen werden. Die durchgehend hohe Teilnehmerzahl (Abbildung 5) sowie das gute Feedback zeigt, dass trotz reichlich Improvisation in der der letzten Woche das Meeting im Endeffekt außerordentlich gut geklappt hat. Auch wenn die VISOR nun über die nötige Erfahrung zur Abhaltung von Online-Meetings verfügt, so hoffe ich dennoch, dass das Wiener Radiologische Symposium 2021 wieder als reguläres Meeting stattfinden wird können und wir Radiologinnen und Radiologen uns wieder in den Wiener Börsesälen zum Austausch treffen können.