Lucian Beer, Nina-Bastati, Sarah Pötter-Lang, Ahmed Ba-Ssalamah
Diffuse Lebererkrankungen sind eine ätiologisch heterogene Gruppe deren gemeinsamer Endpunkt die Entwicklung einer Leberzirrhose ist. Die in Österreich häufigsten Ursachen sind die alkoholische Fettlebererkrankung, die nicht alkoholische Steatohepatitis (sogenannte NASH), virale Infektionen (HBV, HCV), cholestatische Lebererkrankungen (PBC, PSC) und die Hämochormatose sowie Hämosiderose.
Radiologische Untersuchungen werden eingesetzt zur Diagnose, zur Quantifizierung des Grades der Erkrankungen, zum Screening der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms und nicht zuletzt zur Therapieevaluation bzw. Verlaufskontrolle. Durch den technischen Fortschritt gewinnt die MRT einen immer größeren Stellenwert in diesen Bereichen. Im folgenden Artikel wird beispielhaft auf einige der neuen Indikationsstellungen der MRT eingegangen.
Quantifizierung – Fett
Der Ultraschall ist entsprechend der europäischen gastroenterologischen Empfehlungen die Methode der Wahl zur initialen Diagnose einer Leberverfettung. Aufgrund der geringen Spezifität und fehlenden Quantifizierung mittels Sonographie hat sich jedoch die MRT in klinischen Studien und zunehmend auch in der Klinik als akkurate Methode etabliert. Als Routine-Sequenz wird eine Dual-Echo Sequenz (Dixon Technik) verwendet. Mit Hilfe dieser Gradienten Echo Sequenzen und den daraus erstellbaren „in-phase“ und „opposed-phase“ Bilder lässt sich der Leberfettgehalt visuell und quantitative abschätzen. Jedoch ist damit nur ein Fettgehalt von <50% akkurat bestimmbar und externe Faktoren wie der Eisengehalt der Leber beeinflussen die Fettmessung. Um diese Probleme der quantitativen Bestimmung des relativen Fettgehalts zu eliminieren, wurde im vergangenen Jahrzehnt eine modifiziere (m)Dixon-Technik entwickelt. Diese beruht auf der Akquisition einer 2D- oder 3D-Multiecho Gradienten Echo Sequenz und der Berechnung der Protonendichte-Fettfraktion (PDFF). Die Verwendung multipler (≥3) Echozeiten ermöglicht die Korrektur für eine begleitende Eisenüberladung. Die PDFF korreliert exzellent mit dem histologischen Grading der Fettleber und hat die invasive Diagnostik zur Fettleberbestimmung in klinischen Studien ersetzt.
Moderne mDixson Sequenzen sind mit einer Aufnahmedauer von 15s durchzuführen und ermöglichen so die Abdeckung des gesamten Lebervolumens innerhalb eines Atemstopps.
Die MR-Spektroskopie kann ebenfalls zur Quantifizierung von Fett eingesetzt werden. Aufgrund der höheren technischen Komplexität sowie der Fettbestimmung, nur in einem ausgewählten Lebervolumen, ist sie für die tägliche Praxis nicht breitflächig verfügbar.
Quantifizierung – Eisen
Die mDixon Sequenzen, welche für die Fettquantifizierung verwendet werden ermöglichen eine simultane Eisen-Quantifizierung. Auch hier hat die MRT die Leberbiopsie weitgehend abgelöst und wird zur Diagnose und zum Therapiemonitoring eingesetzt. Von klinischer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen der Hämochromatose und einer Hämosiderose. Bei der Hämochromatose liegt eine Mutation im HFE-Gen vor welche zu einer verstärkten intestinalen Absorption von Eisen führt. Es kommt infolge zu einer Ablagerung in der Leber, im Pankreas und im Herzen. Bei der Hämosiderose kommt es zu einem vermehrten Abbau von Erythrozyten (z. B. repetitive Blut-Transfusionen) und so zu einer Eisenüberladung der Milz, des Knochenmarks und der Leber. Differentialdiagnostisch entscheidend ist somit, ob das Pankreas mitbetroffen ist da es eine Unterscheidung zw. Hämochromatose und Hämosiderose ermöglicht.
MR-Elastographie Quantifizierung – Lebersteifigkeit
Die MR-Elastographie misst die Ausbreitung mechanischer Scherwellen in der Leber. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist abhängig von der Lebersteifigkeit. Sie ist schneller in einer „steifen“ Leber und langsamer in einer „weichen“ Leber und gibt so Rückschlüsse über das Vorhandensein einer Leberzirrhose. Die MR-Elastographie benötigt eine spezielle Hardware bestehend aus einem aktiven Device welches im MR Bediengungsraum platziert ist und die Druckwellen erzeugt. Die Druckwelle wird über einen Plastikschlauch in den MR-Untersuchungsraum zum passiven Device geleitet. Das passive Device ist am rechten Rippenbogen fixiert und transformiert die Druckwellen in eine stetige Schwingung von 60Hz.
Standardmäßig werden Grauskala und Pseudofarben kodierte Maps generiert, die für die quantitativen Messungen herangezogen werden. Je nach Hersteller und Software-Paket wird die Lebersteifigkeit automatisch errechnet und dokumentiert bzw. es erfolgt eine manuelle ROI basierte Messung. Die Steifigkeit wird in kilopascal (kPa) angegeben und korreliert mit dem histologisch gemessenen Fibrosegrad als auch mit dem Risiko Leber-assoziierte Komplikationen (u.a. hepatische Enzephalopathie, Varizenblutung) zu entwickeln.
Leber spezifisches Kontrastmittel
Leber spezifisches Kontrastmittel (intrazelluläres Kontrastmittel) wird beim Gesunden zu 50% hepatal aufgenommen und anschließend biliär eliminiert. Hepatozyten nehmen es aktiv aus dem Blut über OATP Transporter auf und scheiden es über MRP2 Transporter in die Gallengänge aus. Die Anwendungsgebiete liegen in der Charakterisierung unklarerer hepataler Läsionen, zur Detektion von Lebermetastasen und zum Screening des HCC im Hochrisikokollektiv. Zusätzlich liefert die hepatale Kontrastmittelaufnahme und biliäre Ausscheidung Information über die Leberfunktion. Die Signalintensität der Leber und Gallengänge auf T1 gew. Sequenzen 20 Minuten nach i.v. Injektion korreliert mit klinischen Parametern wie dem Child-Pugh Score als auch laborchemischen Parametern der Leberfunktion. Die Aufnahme kann mittels einfacher ROI basierter Messungen quantifiziert werden (z.B. relatives Leberenhancement – RLE) oder sie kann semiquantitativ ermittelt werden. Der Vorteil einer semiquantitativen Beurteilung liegt in der Einfachheit und schnellen Durchführbarkeit und ermöglicht so eine bessere Anwendbarkeit in der Routine. Der international validierte semiquantitative Functional Liver Imaging Score (FLIS) basiert auf drei Deskriptoren wobei für jeden Deskriptor bis zu 2 Punkte vergeben werden können: 1) Der Signalintensität der Leber im Vergleich zur rechten Niere; 2) der Signalintensität der Portalvene im Vergleich zur Leber und 3) der biliären Ausscheidung des Kontrastmittels. Der FLIS kann an axialen und/oder coronaren T1 gew. Sequenzen 20 Minuten nach KM-Applikation innerhalb von 15 Sekunden ermittelt werden. Der FLIS korreliert mit der Leberfunktion – je höher die Punkteanzahl des Scores ist, desto bester ist die Leberfunktion. Der FLIS korreliert auch mit dem Risiko von Patient*Innen mit fortgeschrittener diffuser Lebererkrankung zu versterben. Die Kombination des FLIS mit dem kraniokaudalen Milzdurchmessers erlaubt weiters die simple Stratifizierung hinsichtlich des Risikos zur Entwicklung einer hepatischen Dekompensation. Patient*Innen mit entweder schlechten FLIS (0-3 Punkte) oder gutem FLIS (4-7 Punkte) jedoch einer vergrößerten Milz (≥13cm) haben ein signifikant erhöhtes Risiko eine hepatische Dekompensation zu entwickeln als jene Patienten mit einem guten FLIS und normal großer Milz (<13cm).
Wichtig zu erwähnen ist, dass der FLIS bei Patient*Innen mit einem Malignom, einer Portalvenenthrombose oder mechanischer Cholestase nicht anwendbar ist.
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Zusammenfassung:
Die MRT hat einen großen Stellenwert bei der Diagnose, Risikostratifizierung und beim Therapiemonitoring diffuser Lebererkrankungen.
Die multiecho GRE Sequenz eignet sich zur simultanen Fett- und Eisenquantifizierung. Die MRE ist eine etablierte Methode der Leberfibrose zu quantifizieren.
Der FLIS ist ein einfach zu erhebender semiquantitativer Score zur Beurteilung der Leberfunktion und Prognose von Patient*Innen mit fortgeschrittener diffuser Lebererkrankung.
Die verwendete Literatur über den Autor beziehbar.